Gips als Kernstück einer nachhaltig und ­ressourceneffizient gestalteten Umwelt

29. EUROGYPSUM CONGRESS, KRAKÓW/POLAND (10.–11.05.2012)
Alle zwei Jahre trifft sich der Europäische Gipsverband zu einem Kongress. Neben dem Informationsaustausch der Mitglieder findet auf der Veranstaltung auch die Amtseinführung des neuen Präsidenten statt, der für zwei Jahre gewählt ist. Maurizio ­Casalini, Geschäftsführer von Knauf Italien, wurde von der ­Eurogypsum-Jahreshauptversammlung am 10.05.2012 in Krakau für den Zeitraum von zwei Jahren, d.h. bis 2014, als neuer Präsident vorgestellt.

Bernard Lekien, der Präsident von Eurogypsum in den letzten zwei Jahren, eröffnete die Tagung, die unter dem Motto „Gips als Kernstück einer nachhaltig und ressourceneffizient gestalteten Umwelt“ stand. 85 Delegierte aus Europa und auch einige Delegierte aus den USA nahmen an der Veranstaltung teil. Gastgeber waren gemeinsam Eurogypsum und Polski Gips, der polnische Gipsverband. Es war das erste Mal, dass die Tagung in Mitteleuropa stattfand.

Nach dem Grußwort des polnischen Ministers für Transport und Bauwesen, das von dessen Unterstaatssekretär Janusz Z˙bik verlesen wurde, verfolgten die Kongressdelegierten eine Reihe von Präsentationen von Experten im Gipsabbau sowie von Fachleuten und Konstrukteuren, die im Bauwesen aktiv sind. Die Tagung bestand aus zwei Teilen: „Nachhaltiger Abbau – Mineralstoffe für eine nachhaltig gestaltete Umwelt“ und „Nachhaltiger Bau – eine ressourceneffiziente Methode“.

Die Hauptrede wurde von der stellvertretenden Leiterin der Abteilung „Metalle und Rohstoffe“ bei der Europäischen ­Kommission, Maria Spiliopoulou ­Kaparia, über die Stimulierung eines nachhaltigen Bauwesens und eines nachhaltigen Abbaus in der EU gehalten. Sie erläuterte, dass die Rohstoffversorgung der europäischen Wirtschaft wegen verschiedener Faktoren, wie z.B. das Wachstum der Weltbevölkerung und die alternde Gesellschaft, zunehmend unter Druck gerät. Die Europäische Gemeinschaft hat daher entschieden, nachhaltiger und effizienter zu werden. Die europäische Rohmaterialstrategie, die in der „Mitteilung zu Warenmärkten und Rohstoffen“ enthalten ist, beinhaltet dies und spricht die gesamte Wertschöpfungskette an. Sie ruht auf den drei Pfeilern der Rohstoffinitiative 2009: faire und nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen von internationalen Märkten, Unterstützung einer nachhaltigen Versorgung innerhalb der EU und eine Erhöhung der Ressourceneffizienz sowie Förderung des Recycling.

Dominique Bailly, Bürgermeister von Vaujours/Frankreich, einer kleinen Stadt in der Nähe von Paris, erläuterte den Zuhörern seinen Standpunkt zum Gips als wichtiges Rohmaterial für ein dauerhaftes Wachstum und die Vorteile für Gemeinden durch eine verbesserte Abbautechnik. Vaujours hat eine lange Geschichte im Zusammenhang mit Gips, der seit Jahrhunderten in den dortigen Steinbrüchen abgebaut wird.

Der Ökologe Prof. ­Grégory Mahy von der Universität Gembloux/Belgien erklärte den Teilnehmern die Ergebnisse einer Fallstudie, die er vor kurzem bezüglich der Artenvielfalt durchführte. Der Schwerpunkt lag auf dem üblichen Konflikt zwischen Bergbauunternehmen und Umweltschützern, zeigte aber auch Ergebnisse, dass der Abbau gleichzeitig eine Wertschöpfung für das Ökosystem und die Gesellschaft bedeutet. „Die Zukunft von Ökosystemen und der Gesellschaft liegt vielleicht in ihrer Koexistenz in Steinbrüchen“, sagte Mahy. Ökogebäude könnten ein Weg sein, Steinbrüche durch das Wiedereingliedern des Menschen in die Natur aufzuwerten.

Dr. Hans Joachim Feuerborn, Generalsekretär der ECOBA, der Europäischen Vereinigung für Produkte aus der Kohleverbrennung, Essen/Deutschland, berichtete über die Verwendung von REA-Gips, der bei der nassen Rauchgasentschwefelung Schwefeloxid-ausstoßender Prozesse entsteht, speziell solcher in Kohlekraftwerken. Der Einfluß der Kohleverbrennung auf die Umwelt muss so niedrig wie möglich gehalten werden. Eine umweltfreundliche Kohletechnologie in Kohlekraftwerken zielt heute nicht nur auf DeNOx- und DeSOx-Anlagen, sondern auch auf eine kohlenstofffreie Produktion auf der Grundlage der CO2-Abscheidung und -Speicherung. Außerdem sollte der produzierte Gips nicht nur als Nebenprodukt gesehen werden, sondern auch als normaler Rohstoff, sagte Dr. Feuerborn.

Nach der Mittagspause begann der zweite Teil der Tagung mit einem Vortrag von Georg Rötzel von Dr. Schmidhuber & Kaindl, München/Deutschland, Beratungsingenieure und Archi­tekten. Er erläuterte, warum Gips die richtige Antwort für die Schaffung eines Lebensraums mit einem positiven Umweltfußabdruck ist. So kann modernes Design mit dem traditionellen europäischen Gebäude aus festem Stein in Übereinstimmung gebracht und auf heutige Standards zugeschnitten werden. Qualitätsdesign und nachhaltige flexible Baumethoden definieren die Perspektiven der Baugeneration von morgen.

Dr. Wolfgang Zillig vom Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP), Stuttgart/Deutschland, sprach über „Innenisolierung: Methoden, Herausforderungen und Werte“ und zeigte neue Methoden und Lösungen, um die Feuchtigkeit aus Gebäuden herauszuhalten, die nach der Renovierung innen isoliert wurden.

Schließlich zeigte Mike Falconer Hall, Programmgebietsleiter bei Waste & Resources Action Programme (WRAP), Banbury/Großbritannien, wie Vertreter vieler Interessen an die Nachhaltigkeit herangehen, indem sie eine Nachhaltigkeitspartnerschaft für Gipskartonplatten in Großbritannien bilden. Da Gipskartonplatten ein weit verbreitetes Bauprodukt sind, ist es von wesentlicher Bedeutung, auf diesen Erfolgen aufzubauen und die Nachhaltigkeit dieses Produkts während seines gesamten Lebenszyklus und in der Lieferkette zu verbessern.

Moderator der Tagung war Boris Czarakcziew, der Präsident der polnischen regionalen Handelskammer der Architekten.

Der 29. Kongress von Eurogypsum endete mit einem Galadiner unter der Erde in dem berühmten Salzbergwerk Wieliczka. Dies ist eine der ältesten Salzminen der Welt mit einem Schacht aus dem Jahre 1280.

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