Das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun

NCC
Die National Cement Co. (NCC) wurde 1978 unter der Führung des damaligen Herrschers von Dubai, Seiner Hoheit Scheich Rashid Bin Saeed al Maktoum, gegründet. Es war seine Vision, unter Verwendung lokaler Ressourcen und Rohmaterialien neue Straßen für die Industrie zu bauen. Demzufolge wurde National Cement gegründet, um den Grundstoff für den erwarteten Bauboom in den VAE und in der Region zu produzieren. National Cement versorgt vor allem die Märkte der VAE und der GCC-Staaten mit einer Reihe von Markenzementprodukten. Der Burj Khalifa wurde mit Material aus dem Werk errichtet, und NCC lieferte auch das Material für viele andere Projekte. Zunächst in der Wüste gebaut, liegt die Anlage heute im Stadtgebiet des schnell wachsenden Dubai zwischen dem Burj Khalifa und dem Stadteil Marina. ZKG ­INTERNATIONAL sprach mit dem Geschäftsführer ­Mohammed Al-Ghurair über das Zementgeschäft sowie über die Nachhaltigkeit und ihre unterschiedlichen Disziplinen.
ZKG: Herr Al-Ghurair, wie ist der gegenwärtige Stand im Zementgeschäft in den VAE?
M. Al-Ghurair: Das Zementgeschäft ist ein zyklisches Geschäft. Zurzeit erleben wir einen Boom in Saudi ­Arabien, während die Wirtschaft in den VAE einen Abschwung ­verzeichnet. Generell können wir gar nichts tun, um die Wirtschaft zu ändern. Wir können uns jedoch an die ­Situation anpassen. Wenn wir unsere Kunden kennen, können wir ihre Bedürfnisse einschätzen und so zusätzliche Produkte oder Leistungen finden. Das heißt, wir verkaufen nicht einfach das Material an eine Fertigbetonanlage, sondern treten an den Endnutzer heran und finden heraus, was er bezüglich Fertigbeton denkt, und wie sein Bedarf aussieht. Wenn man so handelt, kann man schnell auf den Markt reagieren.
ZKG: Wie wichtig ist die Nachhaltigkeit im Zement­geschäft in den VAE?
M. Al-Ghurair: Nachhaltigkeit ist ein Schlüsselfaktor in unserem Geschäft und hat viele Aspekte. Der erste Aspekt bezieht sich auf den Eigentümer. Für die Kunden ist es wichtig, dass ein Unternehmen für sich in Anspruch nimmt: „Ich stehe für Qualitätsleistungen, ich unterstütze meine Kunden“. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch Stabilität in der Unternehmensführung. Wenn die Eigentümer laufend wechseln, kann das zu einem Problem werden. Ein wichtiger Aspekt betrifft die Gesellschaft. Man muss sich selbst fragen: „Trage ich etwas zur Gesellschaft bei, oder nicht? Habe ich ein gutes Image?“ Wenn ein Unternehmen Arbeitsplätze schafft, Abfall recycelt und so weiter, steht es in einer Wechselbeziehung zur Gesellschaft und wird so ein Teil von ihr. Dann ist man ein Freund und nicht ein Feind der Gesellschaft. Ein anderer Aspekt ist der Wettbewerb. Natürlich muss man seine Konkurrenten kennen. Es ist wichtig, immer einen Schritt voraus zu sein. Das kann man nur erreichen, wenn man seine eigenen Fähigkeiten kennt und versucht, sie zu verbessern.

Um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist es erforderlich, sein eigenes Geschäft kontinuierlich zu entwickeln. Wenn man damit beginnt Zement herzustellen, könnte eine mögliche Herangehensweise darin bestehen zu prüfen, welche Nebengeschäfte möglich sind, z. B. Zuschlagstoffe. Wenn man keine Wärmerückgewinnungsanlage hat, muss man darüber nachdenken, eine anzuschaffen. Es ist natürlich nicht ausreichend, seine Konkurrenten zu kopieren. Dann läuft man immer hinterher. Man muss etwas Neues schaffen, einen Schritt voraus sein! Eine gute Möglichkeit wäre, Nebenprodukte zu nutzen, d. h. ein ­neues Produkt mit ihnen zu schaffen. In diesem Fall braucht man kein Material zu kaufen. Man verlagert es nur von einer Stelle zur anderen. Auch die Wartung ist ein wichtiger Aspekt. Heute gibt es eine große Vielfalt von Werkzeugen, um Probleme bereits in einem frühen Sta­dium festzustellen. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist! Mann muss auch seine Belegschaft aktivieren, d. h. man muss ihnen das Gefühl geben, dass sie Teil der Anlage sind. Es ist erforderlich, mögliche Barrieren zu überwinden und das Werk zu einem Teil des Lebens der Menschen zu machen. Das kann man als Manager nur erreichen, wenn man raus geht und mit den Arbeitnehmern spricht. Ich treffe mich ständig mit meinem Personal und bin offen für Vorschläge, Fragen und Bedürfnisse, und natürlich kenne ich fast jede Mutter und Schraube in meiner Anlage.

ZKG: Wie ermutigen Sie Ihre Arbeitnehmer, neue Ideen zu entwickeln, über neue Perspektiven einer vorbeugenden Wartung nachzudenken usw.?
M. Al-Ghurair: Das Management muss die Menschen zu neuen Ideen motivieren. Wir veranstalten hier beispielsweise ­Seminare zu unterschiedlichen Themen, um anzuregen, über einen spezifischen Aspekt nachzudenken. Am Ende sollte es eine Honorierung geben, wenn eine gute Lösung gefunden wurde. Eine Honorierung bedeutet jedoch nicht notwendigerweise Geld. Sie kann auch aus einem Dank oder einer Anerkennung bestehen. Natürlich gehört letzten Endes eine finanzielle Aufwendung oft auch dazu. Die Aufforderung zu Antworten und Meinungen und den Menschen zu gestatten, ihre Meinungen zu sagen, ist ebenfalls ein Teil des Erfolgs. Aber kommen wir zurück zu den wirtschaftlichen Zyklen. Wenn man auf dem Höhepunkt eines Zyklus ist, gibt es nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Kreativität. Das Ziel besteht im Wesentlichen darin, das Material so effizient wie möglich aus der Anlage herauszubekommen. Eine kreative Situation ist am besten möglich während eines Konjunkturrückgangs. Eine Verbesserung ist jedoch immer das finale Ziel. Es ist immer erforderlich, den Gewinn zu steigern und das Risiko zu minimieren.
ZKG: Wie sieht die spezielle Firmenpolitik von NCC aus?
M. Al-Ghurair: Wir sind ständig bemüht, uns zu verbessern. Wir sehen nicht zuviel zur Seite, sondern versuchen kontinuierlich, unsere Prozesse zu optimieren. Wir versuchen immer, unsere Dynamik weiter voranzubringen. Dazu ein Beispiel: Wir erhielten Gussmaterial von außerhalb. Ein Ingenieur schlug vor, stattdessen die örtliche Gießerei zu nutzen. Die Vorteile liegen darin, dass wir das Material schnell erhalten, und wir müssen kein Material lagern, weil die Lieferzeiten kurz sind. Eine einfache Lösung, aber effizient! Noch ein anderes Beispiel: Zuerst haben wir Schlacke und Zement zusammen gemahlen. Dann führten wir eine Untersuchung durch und entdeckten, dass getrenntes Mahlen effizienter ist. Zuerst waren die Endnutzer skeptisch. Wir überzeugten sie jedoch schließlich vom Nutzen, und die neue Lösung wurde akzeptiert. Heutzutage ist die Klimabelastung immer Teil der Situation. Wir müssen unbedingt mehr über die Materialkreisläufe nachdenken und mit anderen Industriezweigen zusammenarbeiten und feststellen, welche Nebenprodukte für die Zementproduktion verwendet werden können. Das bedeutet einen Nutzen für beide Geschäfte. Alternative Brennstoffe sind ein weiteres Beispiel. Hier besteht ein großes Potential für Verbesserungen, aber manchmal ist das zeitaufwändig. Wenn man die lange Geschichte der Zementindustrie in Europa mit der in den Emiraten vergleicht, sieht man einen gereiften Markt in Europa und einen sich entwickelnden Markt hier. Reife benötigt Zeit, und wenn man zu zeitig beginnt, könnte eine gute Idee abgelehnt werden, einfach weil die Zeit noch nicht reif ist dafür. Wenn man zur rechten Zeit einen Vorschlag macht, kann er leicht akzeptiert werden. Wärmerückgewinnung war hier verboten, weil die Regierung die Energie aus den Kraftwerken verkaufen wollte. Auf Grund eines Mangels an Gas gestattete man dann den Firmen in dieser Richtung voranzugehen. Zurzeit unterstützen die Behörend nicht die Idee des Sammelns von Abfall. Das kann sich in der Zukunft ändern. Dann ist es erforderlich, vorbereitet zu sein.
ZKG: Wie ist der gegenwärtige Stand in der Wirtschaft der VAE, an welcher Stelle des Zyklus befinden wir uns?
M. Al-Ghurair: Wir bewegen uns nach unten, und ich nehme an, dass sich das noch etwas fortsetzt. In der Vergangenheit gab es einen sehr starken Anstieg der Bauaktivitäten. Jetzt ist es an der Zeit, das zu verarbeiten. Wenn das geschehen ist, kann ein Aufschwung wieder einsetzen. Das Richtige zur richtigen Zeit zu tun – das ist das Geheimnis, und ich habe das schon vor 20 Jahren gesagt. Keiner glaubte mir damals, aber jetzt ist es offensichtlich. In dieser Region beträgt ein Geschäftszyklus etwa sieben Jahre, und so war es auch vor 20 Jahren. Natürlich kann man antizyklisch denken, d. h. man findet einen neuen oder nahestehenden Geschäftsbereich mit einer entgegengesetzten Dynamik. Ich glaube, dass 2015 die Zeit gekommen ist, wenn die Wirtschaft sich wieder erholt. Jetzt ist die Zeit für nachhaltige Aktionen. Wir haben eine Reihe von Optionen für die Zukunft – alternative Brennstoffe, Wärmerückgewinnung, alternative Rohstoffe. Das ist ähnlich wie bei einem Beduinen. Man kann ihn in die Wüste bringen, er erkennt sofort die Umwelt, entdeckt, wo er ist und in welche Richtung er gehen muss. Für uns ist es an der Zeit, unsere Umwelt zu verstehen, die Zeichen zu erkennen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
ZKG: Danke für das Interview.
Christian Reinke and Thomas Weiss from ZKG ­INTERNATIONAL spoke with the General ­Manager ­Mohammed A. ­Al-Ghurair (right) and Project ­Department Head Radwan Mouakat

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