Baustoffe der Zukunft

GDCh-Bauchemie-Tagung an der Technischen Universität Dortmund, Dortmund/Deutschland (07.-08.10.2010)

Die Jahrestagung der Fachgruppe Bauchemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) fand vom 07. – 08. Oktober 2010 an der Technischen Universität Dortmund statt. Die Fach­tagung bot Wissenschaftlern aus Hochschulen, Forschungs­instituten und Unternehmen eine Plattform für bauchemische Diskussionen und fachlichen Austausch. Insgesamt trugen 21 Wissenschaftler ihre Ergebnisse den 215 Teilnehmern vor; des Weiteren wurden auf 28 Postern wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert und 14 Firmen stellten ihre Bauprodukte und ­analytischen Geräte vor.

Thematische Schwerpunkte der Bauchemietagung waren klimaschonende Baustoffe und Zementalternativen, kalk- und gipsbasierte Baustoffe, organische Zusatzmittel sowie Schadensmechanismen und Dauerhaftigkeit. Bereits in ihren Er­öffnungsansprachen wiesen die Rektorin der TU Dortmund Prof. Gather als auch der Vorsitzende der GDCh Prof. Dröscher (Bild 1) auf die Notwendigkeit des rücksichtsvollen Umgangs mit Rohstoffen und Energie bei der Herstellung von Baustoffen hin. Der Leiter der GDCh-Fachgruppe Bauchemie Dr. Motzet als auch der Gastgeber Prof. Middendorf (Bild 2) vom Lehrstuhl Werkstoffe des Bauwesens der TU Dortmund gingen auf die vielfältigen Möglichkeiten der Bauchemie zur Entwicklung multifunktioneller und energiereduzierter Baustoffe ein. Das Thema Energieeffizienz wurde auch vom ersten Hauptreferent Prof. Singh von der indischen Sharda University vertieft behandelt, der die Möglichkeiten der Klinkerreduktion in Portlandzementen durch Substitution mit latent-hydraulischen und puzzolanischen Zusatzstoffen erläuterte. Auch der zweite Hauptreferent Prof. Gerdes vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wies auf die dringende Notwendigkeit energiereduzierter Baustoffe hin, zeigte aber auch die zukünftigen Chancen der Bauchemie dem emissionsbedingten Klimawandel entgegenzuwirken auf. Ferner wurde über die Möglichkeiten eines erhöhten Steinkohlenflugascheeinsatzes in Betonen referiert und in einem weiteren  Schritt über portlandzementfreie Bindemittel zur Herstellung von Betonen berichtet. Auch die Dortmunder Entwicklung der multifunktionellen, lufterhärtenden und hochfesten Schaumbetone, die ohne autoklave Erhärtung neben wärmedämmenden auch konstruktive Aufgaben im Bauwerk übernehmen können, leistet einen Beitrag zur Energiereduktion. Ferner wurden ultraleichte Aerogele als wärmedämmende Baustoffe der Zukunft vorgestellt und über die Verwendung von Bauabbruchabfällen zur Herstellung von Recyclinggranulaten als Gesteinskörnungsalternative berichtet.

Die Themen Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit spielten auch in den Vorträgen über spezielle Porenputze auf Basis hydraulischer Kalke, kalkbasierter Mauer- und Fugenmörtel für die Instandsetzung historischer Gebäude, plastizitätssteuernde Parameter in kalkbasierten Mörtelsystem und bei bioziden Wirkstoffen in Fassadenbeschichtungen  eine große Rolle. Es wurde ferner über die chemische Stabilität zementgebundener Werkstoffe in wässrigen Medien als auch über Schadensmechanismen polymermodifizierter Mörtel berichtet. In der Session organische Zusatzmittel wurden überwiegend grundlagenorientierte Fragen der Interaktionen von organischen Zusatzmitteln und anorgani­schen Bindemittelphasen diskutiert.

Auf der Tagung ist Dr. Hugo Rietveld (Bild 3) für seine Leistungen auf dem Gebiet der quantitativen Phasenanalyse mit der Hans-Kühl-Medaille geehrt worden. Die nach ihm benannte Rietveld-Methode hat sich in den vergangenen Jahren vor allem in der Zement- und Baustoffindustrie etabliert, um den Phasenbestand quantitativ zu erfassen. Rietvelds Arbeiten haben wesentlich dazu beigetragen, die komplexen Phasenbeziehungen in Portlandzementen, CA-Zementen und Gipsbaustoffen auch nach der Hydratation zu verstehen. Neueste hier vorgestellte Forschungsarbeiten nutzen die Rietveld-Methode auch zur Bestimmung amorpher Bestandteile. Die Laudatio zur Verleihung der Hans-Kühl-Medaille an Dr. Rietveld hielt Prof. Pöllmann von der Universität Halle-Wittenberg, der auch deutlich herausstellte, dass hinter dem Namen Rietveld eine Persönlichkeit stehe und nicht nur ein Messverfahren.

Weitere Höhepunkte der  Tagungen waren der Vortrag von Prof. Plank zum Unfall bei der BP-Ölbohrung, die Verleihung der Nachwuchspreise der GDCh für Bauchemiker/Innen während des Conference Dinners in dem Dortmunder Signal-Iduna Park (BVB Stadion). Auch verlieh die Deutsche Bauchemie e.V. wieder drei Preise für die besten Poster. Den Tagungsabschluss bildete eine Exkursion zur Fa. MC-Bauchemie nach Bottrop (Bild 4). 2011 wird die nächste GDCh-Bauchemietagung  an der TU Hamburg-Harburg stattfinden.




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