Interview

Modernisierung des Lafarge Werkes Wössingen: Nächster Abschnitt abgeschlossen

ZKG-Interview Berthold Perschall

Lafarge Zement investiert rund 50 Mio. Euro in die Modernisierung des Zementwerkes Wössingen. Quasi im laufenden Betrieb wird der Herstellungsprozess vom Lepol-Verfahren auf das energiesparendere Trockenverfahren mit Vorwärmer und Vorkalzinator umgestellt. Gleichzeitig wird das Werk von einem 2-Ofen-Betrieb auf einen Drehofen umgestellt. Das oberste Niveau des Vorwärmerturms ist bereits fertig gestellt. Ziel ist, im Laufe des ersten Quartals 2009 die erneuerte Ofenanlage erstmals zu zünden. ZKG INTERNATIONAL erkundigte sich bei Berthold Perschall, Bauleiter Projekt Wössingen bei Lafarge Zement, nach dem Stand der Umbauarbeiten (Stand 21.11.2008).

ZKG: Wie weit sind Sie im Werk Wössingen derzeit mit den ­Umbauarbeiten?
Berthold Perschall: Wir sind in den letzten Monaten ein gutes Stück weit vorangekommen. Der Vorwärmerturm hat seine Endhöhe erreicht, das heißt, der Stahlbau inklusive Installation der Prozessapparate ist abgeschlossen. Nun erfolgen die Inneninstallationen, also beispielsweise der Einbau der Feuerfestmaterialien. Auch die Elektroinstallationen sind gestartet.

Die Arbeiten konzentrieren sich momentan auch auf den ­Umbau der Filteranlagen, wo wir den Ofenfilter ersetzen und einen Bypassfilter installieren. Schlauchfilter anstelle von ­Elektrofiltern reinigen künftig die Abluft.

Der Gaskonditionierturm befindet sich ebenfalls im Bau. Zurzeit hat er eine Höhe von 50 m. Wegen des heutigen Sturms können wir leider nicht die Kräne nutzen und die nächste vormontierte Baugruppe aufsetzen.

ZKG: Welche Erfahrungen haben Sie während der Errichtung des Vorwärmerturms gesammelt? Im Nachhinein, was galt es zu beachten?
Berthold Perschall: Der Bau des Vorwärmers war in der Tat eine besondere Herausforderung. Da das Projekt nicht durch einen Generalunternehmer schlüsselfertig umsetzt wurde, haben wir selbst eine große Anzahl Lieferanten zu koordinieren. Das heißt nicht nur die eigentlichen Arbeiten abzustimmen, sondern bedeutet auch einen sehr viel größeren organisatorischen Aufwand. Beispielsweise galt es aufgrund des engen Baufeldes, jedem Gewerk vorab Lager- und Montageplätze für ein definiertes Zeitfenster zuzuweisen. Weiterhin achten wir darauf, dass Arbeiten am gleichen Platz, aber in unterschiedlichen ­Höhen stets aufeinander abgestimmt sind. Ansonsten wäre dies ein nicht zu akzeptierendes Sicherheitsrisiko.

Generell ist Arbeitssicherheit bei Lafarge ein wichtiges Thema. Jede Fremdfirma, jeder Mitarbeiter muss in unserem Regelwerk unterwiesen werden und so arbeiten, dass er weder sich noch andere gefährdet. Wenn Regeln nicht eingehalten werden, erhalten einzelne Mitarbeiter und auch ganze Firmen erst die gelbe und bei erneuten Verstößen die rote Karte. Zwei Dutzend Platzverweise sprachen wir bisher aus. Dieses konsequente Vorgehen hat seinen Erfolg. Bei rund 220 000 Arbeitsstunden (Stand 20.11.2008) von mehr als 330 Mitarbeitern gab es glücklicherweise bisher keinen Arbeitsunfall mit Arbeitszeitausfall.

Für den geregelten Ablauf haben wir wichtige organisatorische Voraussetzungen geschaffen. Generell sind alle Arbeiten an der Baustelle von unseren Bauleitern freizugeben. Keine Tätigkeit darf ohne Freigabe stattfinden. Unsere Bauleiter prüfen zusammen mit unseren Sicherheitsexperten kontinuierlich, ob sich in der Gesamtbetrachtung aller Arbeiten Risiken ergeben könnten. Sie geben Arbeiten erst dann frei, wenn Gefährdungen für die Menschen ausgeschlossen sind. Die Sicherheitsfachleute auf der Baustelle kennen den vorgesehenen Arbeitsplan und überwachen, dass die Tätigkeiten zur vorgesehenen Zeit an definierten Plätzen abgeschlossen werden. Darüber hinaus gibt es für die typischen Risikotätigkeiten Schweißerlaubnisscheine, Befahrscheine für Behälter und Hubfreigaben für Schwerlasthübe.

Die gesamte Baustelle befindet sich im Bestand (Bilder 2–5). Das Baufeld ist sehr eng. Daher haben wir in der Bauausführung eine große Abhängigkeit von Kränen und den entsprechenden Wetterlagen. Der bisherige milde Herbst war daher vorteilhaft.

ZKG: Welche Vorarbeiten waren zur Vorbereitung des Ofenumschlusses notwendig?
Berthold Perschall: Für den Ofenumschluss benötigten wir das vorderste und letzte Ofensegment neu. Diese Segmente haben wir vorfertigen lassen, ebenso die Laufringe. Die gesamte Vormontage erfolgte soweit wie möglich vor dem Ofenstillstand, um beim Ofenlegen (Bild 6 und 7) ganze Baugruppen einheben zu können.

ZKG: Wie erfolgt der Ofenumschluss?
Berthold Perschall: Die Vormontage an den Ofensegmenten schlossen wir Mitte Oktober ab. Während des Ofenstopps werden die Bauteile komplettiert, der Ofen wird gelegt, d.  h. Vermessung, Feinausrichtung und Verschweißen der Segmente, Einbringen der Ausmauerung und der Antriebsstrang wird komplettiert. Zeitgleich demontieren wir auch alte Anlagenteile, die wir nicht mehr benötigen.

ZKG: Welche Maßnahmen stehen als Nächstes an?
Berthold Perschall: Nachdem der Ofen gelegt ist, folgen die ­weiteren Arbeiten bis zur erneuten Inbetriebnahme: Aufbau des neuen Kühlerabluftfilters, Komplettieren aller Material- und Rauchgaswege, Fertigstellung der Feuerfestarbeiten in allen heißgehenden Bauteilen und die Installation der Mess-, Steuer- und Regeltechnik.

Unser neuer Klinkerkühler ist bereits maschinenseitig aufgebaut. Auch hier ist das Feuerfestmaterial noch einzubauen, bevor er dann mit der Gesamtanlage in Betrieb genommen wird. Weiterhin errichten wir neue Silos zum Handling von Bypassstaub, Zuschlagstoffen und Einsatzstoffen für Zementmühlen.

Last but not least: Unser Vertrieb erhält mit dem neuen Verwaltungsgebäude ebenfalls neue Räumlichkeiten und zieht im kommenden Jahr mit seinem Betonlabor dort ein.

ZKG: Vielen Dank für das Interview.

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