HeidelbergCement: Im Osten viel Neues

HeidelbergCement
HeidelbergCement ist bereits seit über 20 Jahren in Ost­europa tätig. Die Konzern-Region Osteuropa-Zentral­asien, für die Vorstandsmitglied Andreas Kern verantwortlich zeichnet, umfasst elf Länder. In den meisten dieser Wachstumsmärkte ist das Unternehmen nicht nur Marktführer im Zementbereich, sondern baut seine Stellung durch Kapazitätserweiterung auch kontinuierlich aus. Steigende Bedeutung haben auch die Förderung von Zuschlagstoffen und die Herstellung von Transportbeton. ZKG befragte Andreas Kern zur Entwicklung der Märkte in Osteuropa.

ZKG: Herr Kern, HeidelbergCement setzt derzeit auf den Aufbau von Produktionskapazitäten im osteuropäischen Raum. In welchen Ländern werden neue Kapazitäten aufgebaut bzw. bestehende Ofenlinien modernisiert?
Andreas Kern: Die Region Osteuropa-Zentralasien ist neben Asien-Pazifik und Afrika sicher derzeit einer der spannendsten Wachstumsmärkte für HeidelbergCement. Aus diesem Grund haben wir uns auch mit den Werken Tula in Russland (Bild 1) und Shetpe in Kasachstan erstmals an zwei Greenfield-Projekte in der Region gewagt. Unser neues, rund 150 km südlich von Moskau in der Region Tula gelegene Zementwerk haben wir bereits im Herbst letzten Jahres in Betrieb genommen. Es verfügt über eine Kapazität von 2 Mio. t und soll vor allem den boomenden Moskauer Markt bedienen. Russland ist für uns ein attraktiver Markt, da die Nachfrage nach Zement stark ansteigt. Es wird erwartet, dass der Zementverbrauch von 50 Mio. t im Jahr 2010 in den nächsten zehn Jahren auf rund 70 bis 90 Mio. t zunehmen wird. In Russ-land verfügen wir mit dem Werk Tula jetzt über eine Kapazität von rund 5 Mio. t/a Zement. Daneben betreiben wir drei Zementterminals in Kaliningrad, Murmansk und in der Region Archangelsk, die wir seit Juni 2011 über ein Importterminal mit Zement aus unseren norwegischen Werken beliefern. Darüber hinaus ist der Ausbau der Zementkapazität des Werks Cesla bei St. Petersburg auf 1,5 Mio. t durch den Bau einer neuen Ofenlinie bis zum Jahr 2014 geplant.
ZKG: Wie sieht es in den anderen Ländern Osteuropas aus?
Andreas Kern: Im polnischen Górazdze (Bild 2) betreiben wir unser größtes und modernstes Zementwerk in ­Europa. Hier haben wir im Jahr 2011 eine neue, modernisierte Ofenlinie in Betrieb genommen, mit der sich unsere Klinker­kapazität von 3,1 auf 4,0 Mio. t/a nach Modernisierung des Ofens Nr. 2 erhöht. In der nächsten Phase wird die Mahlkapazität durch den Bau einer neuen Zement­mühle entsprechend der ­neuen Klinkerkapazität erweitert. Mit der Errichtung der Mühle Nr. 4 wird die Zementkapazität von 4,3 auf 5,6 Mio. t/a steigen. Der Abschluss dieser zweiten Phase ist für Mitte 2012 geplant. Gleichzeitig wollen wir auch den Sekundärbrennstoffeinsatz in Polen erhöhen und werden hierfür ein größeres Brennstofflager bauen. In der Slowakischen Republik sind wir im Bereich Zuschlagstoffe und Transportbeton aktiv. Wir haben hier im Jahr 2011 ein Zement-Terminal übernommen und können damit nun ­Zement aus unseren Werken in Ungarn und der Tschechischen Republik importieren. In Ungarn haben wir im Großraum Budapest unsere Position im Zuschlagstoffbereich durch eine Akquisition weiter ausgebaut. In ­Ru­mänien haben wir den Ausbau des Werks Bicaz im Nordosten des Landes auf eine jährliche ­Kapazität von 2,3 Mio. t fertig gestellt und die Modernisierung des Werks Fieni in der Nähe der Hauptstadt Bukarest mit einem neuen Klinker­silo und einer Mühle mit einer Kapazität von 1 Mio. t/a beendet. Und in Georgien (Bild 3), einem strategisch günstig gelegenen Land mit großem Wachstumspotenzial, haben wir zur besseren Marktabdeckung ein Terminal in Supsa am Schwarzen Meer eröffnet. Es hat eine Umschlagkapazität von 300 000 t/a und ermöglicht uns Zement-Lieferungen bis direkt an die Schwarzmeerküste.

ZKG: Welche Bedeutung hat der Markt Osteuropa für Sie?
Andreas Kern: Die Länder Osteuropas waren im Jahr 2011 die stärkste Wachstumsregion für Heidelberg­Cement; in den meisten Ländern stieg der Absatz. Der Anteil der ­Region am Konzernumsatz beträgt rund 11 %. Zum gesamten Zementabsatz des Konzerns trägt die Region etwa 18 % bei.

ZKG: Wie sehen Sie die Entwicklungschancen in Ost­europa?
Andreas Kern: Für das Konzerngebiet Osteuropa-Zentral-asien gehen wir im Jahr 2012 von einer uneinheitlichen Entwicklung aus: Während wir in Ungarn und Rumänien weiterhin eine anhaltend schwache Entwicklung erwarten, rechnen wir wieder mit einer steigenden Nachfrage insbesondere in Polen und der Tschechischen Republik. Für Russland, die Ukraine und die Länder Zentralasiens erwarten wir ebenfalls eine weiter steigende Nachfrage. Insgesamt sind die Aussichten aber gut und daher werden wir unser Netz an Werken auch in den Geschäftsbereichen Zuschlagstoffe und Beton im gesamten osteuropäischen Raum weiter ausbauen, um die vertikale Integration weiter voranzubringen. Ein wichtiger Punkt, den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, sind die Preise. Im Jahr 2011 sind wir in der gesamten Region von einem starken Strom- und Energiekostenanstieg überrascht worden. Hier müssen wir in allen Ländern durch entsprechende Preis­erhöhungen gegensteuern. Eine echte Herausforderung in den meisten boomenden Ländern ist neben den steigenden Energie- und Stromkosten vor allem die Bahnlogistik aufgrund der aktuellen Knappheit an Bahnwaggons. Länder wie Kasachstan oder Russland haben aufgrund ihrer Größe enorme Lieferwege. Hier versuchen wir, mit dem Ausbau von Zement-Terminals die Logistik zu verbessern.
ZKG: Welchen Stellenwert hat speziell Kasachstan im Rahmen Ihrer Osteuropastrategie?
Andreas Kern: Der Markt in Kasachstan verzeichnet eine sehr positive Entwicklung; unsere Kapazitäten sind bereits voll ausgelastet. Im ganzen Land profitieren wir von der kräftig wachsenden Baukonjunktur. Zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen und große Bauprojekte sind in Planung; der Zementverbrauch wird daher auch in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Im Transportbetonbereich sind wir in den wesentlichen Wirtschaftszentren Astana, Almaty und Aktau ebenfalls mit fünf eigenen Werken vertreten. Im Raum Astana verfügen wir außerdem über ein Zuschlagstoffwerk. Auch hier planen wir weiteren Ausbau, um unsere vertikale Integration zu optimieren. Das Zementwerk Bukhtarma (Bild 4), 100 km südlich der Stadt Ust-Kamenogorsk im Nordosten von Kasachstan gelegen, beliefert zur Zeit über sieben Umschlagterminals den gesamten kasachischen Markt.

ZKG: Welche Eckdaten hat das Werk Shetpe, welche ­Märkte wird es bedienen?
Andreas Kern: Das neue Werk in Shetpe bei Aktau am Kaspischen Meer (Bild 5) hat in der ersten Ausbaustufe eine Jahreskapazität von 800 000 t Zement. Das neue Werk wird die stark wachsende Region am Kaspischen Meer sowie gegebenenfalls angrenzende Märkte in Russland, Usbekistan, Turkmenistan und Aserbaidschan beliefern. Wir sehen vielversprechende Perspektiven in der Region aufgrund der dort vorhandenen Öl- und Gasvorkommen. Mit dem neuen Werk wollen wir bereits im kommenden Jahr den ersten Zement produzieren.
ZKG: Wie werden konzernweite Rahmenrichtlinien zu Umweltschutz, Arbeitssicherheit und nachhaltiger Produktion in Osteuropa umgesetzt?
Andreas Kern: Unser Management-Ansatz hat das Ziel, den Markt kundennah durch den Einsatz eines lokalen Managements zu bearbeiten. Mit dieser Strategie sind wir seit dem Jahr 1990 erfolgreich in Osteuropa. Wir haben im Laufe der Jahre sehr gute lokale Organisationen aufgebaut und in den Ländern qualifizierte Nachwuchsprogramme eingeführt. Das zahlt sich jetzt aus – zum einen haben wir konzernweit ein gemeinsames Verständnis, was die Unternehmenskultur betrifft und zum anderen können wir freiwerdende Positionen mit eigenen Fachkräften aus den jeweiligen Ländern schnell besetzen. Unsere konzernweiten Richtlinien werden durch unser lokales Management in Osteuropa genauso umgesetzt, wie überall sonst auf der Welt.

ZKG: Vielen Dank für das ­Gespräch.

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